Immer unterwegs, auch von Zuhaus´ – Part 4: Die Wanderkleidung

Das Abenteuer vom Wandern beginnt schon Zuhause. Genau genommen beim Einkleiden. Schwedische Minifähnchen, Tatzen von Carnivoren und eine blonde Einsachtundachtzigerin lachen mich an. Ich stehe im Fachgeschäft für Wanderbekleidung und höre mir die schlüsselblumigen Worte der Wanderfachverkäuferin (mit Wanderfachverkäuferjodeldiplom?) an. Ihr Spezialgebiet scheint das Technik-Textile zu sein. Ich höre ihr zu und schließe kurz die Augen. Hätte ich nicht die superdupertolle strapazierfähige (auch so ein Wort!) wasserabweisende Jacke an, ich würde wirklich glauben, die Bundesbeauftragte für Strahlenschutz und Reaktorsicherheit hält mir einen Vortrag zu den Vorzügen eines Hochsicherheitstraktes im Reaktorschutzanlagenbau. Ich lausche weiter. Ich lausche aufmerksam, lausche noch mehr, lausche und lausche. Denn angeblich sollen meine Jackenfasern atmen. Schade; meine müssen noch ganz klein sein oder schon tot, denn ich höre nichts. Statt dessen ein Geschnatter von Materialienmixen, abnehmbaren Kapuzen und und und. Meine Nerven.
Die Feuchtigkeit, auf gut deutsch meine eigene Schwitze, soll an den Innenseiten „des Laminats absorbiert und anschließend an der Außenseite verdampft“ werden. Wahnsinn. Ich versteh kein Wort. Hier wurde laut Blondchen ein Material entwickelt, „welches wasserdicht, atmungsaktiv und elastisch ist. Ihr Körper wird dadurch vor Unterkühlung geschützt.“ Na toll. Wenigstens die Dame vom Fach scheint ihre Lektion gut gelernt zu haben. Sie faselt noch was von Mikroporen, aber ich denk eher an die Flusenbällchen in meinem Bauchnabel. Schon naht vom Nachbarregal eine weitere khakifarbene Funktionsjacke.
„Ein idealer Begleiter für Sie. Bei Temperaturen über 0° C verändert sich die Struktur der Polymermoleküle. …die Gewebebeschichtung ist aus Fluorkohlenwasserstoffharz oder Polyurethan.“ Ich höre noch etwas vom Schutz vor den Alpha- und Betastrahlen der Sonne. Doch da befinde ich mich schon am Ausgang des Hightec-Ausrüsters, Schutz suchend vor den Monologen jener Ladnerin.

Mag die Jacke noch so strapazierfähig sein. Meine Nerven sind es nicht.

3 Antworten auf „Immer unterwegs, auch von Zuhaus´ – Part 4: Die Wanderkleidung“

  1. He, he, noch so ein Lästermaul. Gefällt mir ja gut, der Artikel. Hat das Zeug zu mehr…! BTW; wo warst Du am letzten Samstag, lieber Co-Autor? In Klagenfurt, um dort gleich noch einen Preis abzusahnen?

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