Wir pilgern ins Pilzparadies

Es ist nie zu spät, noch einen draufzulegen. Dieser Post bei Outdoor-Blogger bescherte immerhin einen Gewinn bei wandersüden.de. Die Tourismus Marketing Baden-Württemberg hat´s gleich übernommen…

Der Schwäbische Wald ist ein Pilzparadies. Jedes Jahr im Herbst verbringen wir mit einem kleinen Freundeskreis ein verlängertes Wochenende in verwunschenen Orten wie Bäumlesfeld oder Bubenorbis oder Hohenbrach. Wir stromern durch die Wälder, kehren in Landgasthöfen ein, probieren unbekannte Leckereien wie den regionalen Blooz, einen salzigen Kuchen. Dabei gilt es nicht, möglichst viele Kilometer zurückzulegen oder mit Muskelkater heimzukehren. Nein, wir legen jeglichen Ehrgeiz ab, geben uns ganz dem Genusswandern, den Entdeckungen der Natur und den Überraschungen des Wetters hin.

Gerne starten wir in Hohenbrach, dessen Fernmeldeturm auf der höchsten Erhebung des Schwäbisch-Fränkischen Waldes ein weithin sichtbares Orientierungszeichen bietet. Über Grab wandern wir am Limes und an Resten römischer Wachttürme entlang, durch ruhige, lichte, schier endlose Wälder. Nach feuchtwarmem Wetter sprießen Steinpilze und Brombeeren, schillernde Käfer krabbeln über Fliegenpilze. Wir bücken uns hier und da, kommen schon mal vom Weg ab und glauben zuweilen – im flirrenden Spätsommerlicht – einen behelmten römischen Legionär am Grenzwall patrouillieren zu sehen.

Nach so viel Visionen ist bodenständige Einkehr angesagt. Auf der Höhe der ehemaligen Hankertsmühle halten wir uns nach links und folgen dem Flüsschen Rot bis zur Rösersmühle. Das zünftige, mit Schindeln verkleidete Lokal „Zur Einkehr“ wird am Wochenende sehr liebevoll von Hans Schoch betrieben. Auf ausdrücklichen Wunsch erhalte ich meist mein Leibgericht: Käsespätzle mit tagesfrischem Salat –aber auch die hausgemachten Maultaschen oder die frischen Blechkuchen sind mehr als empfehlenswert. Wer ahnt schon in dieser schattigen Abgeschiedenheit, dass Felix Huby in einem seiner Krimis die Location verarbeitet hat?

Wenn uns der Sinn mehr nach Selbstversorgung steht, wandern wir weiter über eine sanft geschlungene Straße bis hoch zum Grillplatz und Spielplatz Mönchsberg. Hier kreuzt der Fuxi-Pfad mit 19 Stationen, hier finden besonders unsere Kinder ihren Spaß!

Welch urtümliches Glück, wenn wir auf den Bänken des gut ausgestatteten Grillplatzes die Pilzausbeute putzen und klein schneiden und später über einem selbst entfachten Feuer garen, mit Salz und Pfeffer und etwas Sahne.

Satt und müde folgen wir dem weiteren Weg, der mit einem blauen Balken gekennzeichnet ist, zurück zu unserer Unterkunft in Hohenbrach. Die Adresse verraten wir ein ander Mal – so lange genießen wir das reichhaltige saisonale und regionale Frühstück und freuen uns schon auf unsere Wanderung im nächsten Jahr.

Und natürlich haben wir euch eine Postkarte geschickt. Schaut gleich morgen mal in euren Briefkasten!

Rückblende

Habe doch tatsächlich in den Tiefen meines Rucksacks noch einen belichteten Film gefunden und ihn zur Entwicklung gebracht.

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Welch Freude und Überraschung! Ganz entgegen der goldenen Lomo-Regel: „Du musst nicht im vornherein wissen, was auf Deinem Film ist. Im nachhinein auch nicht!“

Ja, so schön war`s in der Sächsischen Schweiz!

Ho-Ho-Hohe Liebe

Besondere Umstände erfordern besondere Flexibilität. Eigentlich hätten wir ein weiteres Angebot der Hike Society exklusiv vorab testen sollen. Doch der Elberadweg entpuppt sich als Freischwimmerzone, der anzusteuernde Große Winterberg als No-Go-Area. Spontan disponieren wir um und wandeln die vorgesehene Route (Wanderung Thema Nachhaltigkeit) tagesaktuell ab.

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Ein Erlebnis für sich ist die Fahrt mit dem historischen Personenaufzug von Bad Schandau nach Ostrau.

Damit machen wir eine 100jährige Zeitreise zurück, als der Bild012_Neg.Nr.N12Visionär Rudolf Sendig quasi die erste Fertighaussiedlung hoch oben über der Elbe errichtet hat. Staunend flanieren wir vorbei an prächtigen Holzhäusern, auf deren Veranden man einen grandiosen Ausblick auf die Bild036_Neg.Nr.N36Schrammsteine hat.

Weiter gehts über die Ostrauer Hochebene zum heutigen Höhepunkt, der Hohen Liebe. Als wir uns ins Gipfelbuch eintragen wollen, bemerken wir erst, dass dort die Todesopfer verewigt sind. Also: Obacht beim Abstieg!

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Der führt über den Butterweg (zwar nicht fettig-glitschig, doch derzeit etwas morastig) ins Kirnitzschtal, das besonders unter den vorangegangenen Regenfällen gelitten hat.

Fussballfelder, Campingplätze, Wanderwege stehen noch immer unter Wasser, die historische Straßenbahn, die sich sonst durch den Nationalpark schlängelt, hat ihren Betrieb eingestellt.

Kurze Rast im Forsthaus, das nun wieder zu Fuß erreichbar ist, jedoch immer noch vom Telefonnetz abgehängt ist.  Beschwingt laufen wir durch bis Bad Schandau. Doch das für seine regionale Küche bekannte Landgasthaus Ziegelscheune, wo ein zünftiges Vesper auf uns wartet, liegt auf der anderen Elbseite – und der Fährbetrieb ist bis auf weiteres eingestellt. Bleibt uns der Fussweg über die Autobrücke und eine weitere Stunde Marsch. Fast hätten wir dabei die Wanderschuhe aus und den Bikini anziehen müssen, denn auch hier ist der Weg stellenweise überflutet. Ein netter Rentner lässt uns freundlicherweise über sein trockenes Schrebergartengrundstück passieren. Danke!

In der Ziegelscheune erwartet uns eine üppige Brotzeitplatte, die locker eine ganze Wochenration abgeben könnte. Dazu genehmigen wir uns einen gut gekühlten Meissner Schieler Rotling, der aus weißen und roten Trauben gekeltert wurde. Zum Abschluß noch ein Kümmelschnaps. Lasst uns anstoßen auf den heutigen Tag und die „Ho-Ho-Hohe Liebe“!!

Wir türmen nach Thürmsdorf

Nach einer unruhigen Nacht ist am nächsten Morgen der Spuk wie von Geisterhand beendet. Die Sonne strahlt von einem blitzeblank blauen Himmel auf eine veränderte Welt. Uferstrasse und Elberadweg sind jetzt Teil eines überbreiten Stroms, in dem Campingstühle, Zaunpfosten und Hinweisschilder dahintreiben. Die Elbe hat sich ein neues Flussbett geschaffen.

Wanderkollege Thomas lädt uns als praktisch denkender Mensch ins heimische, höher gelegene Thürmsdorf ein, wo der malerische Malerweg direkt durch sein Wohnzimmer führt. Noch steckt uns der Schrecken in den Gliedern, doch dieWiedersehensfreude überwiegt: Zusammen mit der Radebergerin Ilka haben wir nun unser letztjähriges Team wieder zur Hälfte beisammen.

Spontan wandern wir vorbei an Rapsfeldern und durch farngesäumte Waldwege auf den Rauenstein, wo wir an die zweite Hälfte unserer Ex-Wandergruppe launige Postkarten verfassen. Die Stimmung steigt! Hach, ich könnte ewig so weiterlau fen.

4def600f5f2152cab7f8fe0e408c3326a866Doch für den Abend ist ein Tisch auf dem Papststein reserviert, wo wir noch mal dem sächsischen Landwein frönen, die Aussicht geniessen und  Wanderlatein spinnen. Und unter uns Pastorentöchter: ohne päptstlicher als der Papst zu sein, kann man diesen Ort als einen der reizvollsten in der Sächsischen Schweiz bezeichnen!

PS
Ich bin beeindruckt: Mein Heimatort Böblingen hat zwar drei Autobahnauffahrten, aber Thürmsdorf kann mit einem veritablen Mausoleum und einem verfallenen Schloss glänzen.

Land unter

Zugegeben: die Kontinuität unserer Reisebeschreibung ist etwas aus dem Ruder gelaufen – denn letzteres brauchen wir derzeit zu anderer Bestimmung. Und dass wir buchstäblich so nah am Wasser gebaut haben, ist uns auch jetzt erst gewahr.

Zwei Regentage mittlerer Güte nutzen wir großzügig zur Erkundung Dresdens. Schließlich ist die Hauptstadt Sachsens grade mal 46 S-Bahn-Minuten von Bad Schandau entfernt. Und die kurze Fahrt im Doppeldecker-Waggon mit Panoramasicht vergeht wie im Fluge.  Dresden wartet mit farbenfroher Vielfalt auf: vom Grünen Gewölbe zum Blauen Wunder, von der Kakadu-Bar zur Pfundts Molkerei.

Zum abendlichen Ausklang mit den letztjährigen Wandergenossen Thomas (der als Thürmsdorfer ein Heimspiel geniesst) und Elisabeth (extra aus Luxemburg angereist) haben wir einen Tisch im Helvetia reserviert. Doch zur Fahrt dorthin kommt es nicht mehr. Ergiebige Regengüsse haben bereits die Uferpromenade und den Radweg von Bad Schandau unter Wasser gesetzt, Autos der Hotel-Tiefgarage werden sicherheitshalber evakuiert und während wir noch in der Lobby plaudern, nähert sich bereits das Hochwasser.  Erst überschwemmt es Strassen, dann den Marktplatz, um schließlich züngelnd in die Hotel-Lobby einzudringen und erst die Lounge, dann die Bar, die Rezeption, die Aufzüge unter Wasser zu setzen.  Sprachlos stehen wir quasi im Auge des Orkans und krempeln unsere Hosenbeine immer weiter hoch.

Während das Wasser steigt, sichert sich Elisabeth eines der letzten freien Zimmer der Elbresidenz, weil ihre eigene Unterkunft im vollkommen überfluteten Kirnitzschtal längst nicht mehr erreichbar ist. Trotz Katastrophenalarm geht das Leben in der Elbresidenz erstaunlich gesittet weiter. Wir speisen rustikal im hauseigenen Restaurant und leisten uns erst mal ein Radeberger Duo zur Beschwichtigung der Nerven.

 

Gepflegte Untergangsstimmung macht sich breit. Während vorne die Hotel-Lobby knietief überflutet ist, feiert hinten eine Hochzeitsgesellschaft bei üppigem Büffet, Schampus und Lightshow. Don’t panic, we’re just rearranging the deckchairs on the Titanic…

Vom Schweizerhaus zu den Schwedenlöcher

0d927bca4e26ee1cac022e769ecf0a2037b2_k Zwei im Tourismusbüro vergessene Lunchpakete bescheren uns zwei zusätzliche Fährfahrten auf der Elbe! Toll!

Unser heutiger Guide, die Nationalparkführerin und Hobby-Kletterin Alrun Flechsig kennt jeden Wipfel, Zipfel, Gipfel im Elbsandsteingebirge mit Namen, naja, oder doch ziemlich viele: Lokomotive, Talwächter, Lamm. Als Super-Testwanderer dürfen wir noch vor dem offiziellen Start eine Tour der neu entstandenen, exquisiten Hike Society erproben.

Heute nutzen wir sämtlich verfügbare Fortbewegungsmittel: Fähren über die Elbe, S-Bahnen mit grandioser Panorama-Aussicht, Busse – und natürlich unsere Füße. Erst erwandern wir Teile des Malerweges selbst und vergleichen zahlreiche berauschende Ausblicke mit den Impressionen früheren Künstler: Reste der mittelalterlichen Felsenburg Neurathen, die Basteiaussicht, das Elbtal. Vor Staunen bleibt uns schon mal die Spucke weg.

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Besonderes Schmankerl: in der Nationalparkinformationsstelle im historischen Schweizerhaus sind über 200 künstlerische Darstellungen des Elbsandsteingebirges ausgestellt. Ein bisschen Zeit für Kunstgenuss und Inspiration, dann es lockt der Abstieg über die Schwedenlöcher. Fahrt zurück nach Bad Schandau und mit dem Bus nach Lichtenhain. Dort dürfen wir unter der Anleitung der Malerin Kathrin Protze vor idyllischer Kulisse selbst unser erstes Aquarell erschaffen. Aufkommende Panik wird beim Entree am langen Holztisch mit dem besten Kaffee seit langem (liegts am Kaffeeweisser?) locker niedergeredet.

Bild035_Neg.Nr.35ABild036_Neg.Nr.36AMinuten später hocken wir mit Pinsel und Papier vor einer Linde und lauschen dem EinMaleins des AquarellMalkurses. Mit etwas Know-How ist es tatsächlich nicht so schwer – und 2 Stunden später hält jeder von uns, stolz wie Oskar, sein Abbild des Baumes in der Hand, auch wenn die Linde bei manchem zur Fichte geraten ist.

Fazit: ein rundum stimmiger Tag für Körper, Geist und Seele!

Von der Polenta ins Polenztal

Das Frühstücksbüffet in der Elbresidenz lässt keine Wünsche offen: vom ayurvedischen Getreidebrei bis zu geräucherten Edelfischen der Region ist alles geboten. Wahrscheinlich würden wir immer noch genüsslich speisen, wären wir nicht beim Nationalparkführer Frank Eichler angemeldet.

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„Durchs wildromantische Polenztal zur Brandaussicht“ verspricht die heutige Tour. Bei verheißungsvollen Sonnenschein kurven wir nach Hohnstein, das uns ohne Wanderverabredung glatt entgangen wäre. Frank Eichler versteht es, die überaus reizvolle Tour mit allerlei Wissenswertem zu unterfüttern: von den Rammelkammern der liebestollen Borkenkäfern bis zum typischen Kellerklima des Elbsandsteingebirges, von den Bärengehegen vergangener Zeiten bis zum Ameisenlöwen heutiger Tage.

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Mit einem Löwenhunger fallen wir in die Brand-Baude ein, aussichtsreich gelegen auf einem „Balkon der Sächsischen Schweiz“.  Die Riesenportion Bandnudeln mit Pilzen reicht für zwei Personen, das Aronia-Eisdessert müssen wir aufs nächste Mal vertagen. Dafür lockt auf dem Rückweg durchs Polenztal noch eine Rast bei der Waltersdorfer Mühle, die schon Anfang des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Ausflugsziel war.

Auf nach Nu-Nu-Land

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„Ergiebiger Regen“ verspricht die Wettervorhersage für unseren heutigen Anreisetag.

Als wir in aller Herrgottsfrühe in Dresden landen, fühlen wir uns auch glatt wie in Bangkok zur Monsunzeit, Jetlag inbegriffen. Doch letzteren werden wir uns im Medical Spa der Bad Schandauer Elbresidenz schon noch aus den Knochen walken lassen.

SS14Doch zuvor staunt die freundliche Dame von der Autovermietung angesichts unserer Koffer und Rucksäcke in Proportion zu unserem Mietwagen. Einen Smart fahren wir zwar auch zuhause, doch nicht das hiesige Cabrio-Modell, das beim Öffnen der Tür gleich noch das Faltdach runterfährt.  Sehr praktisch bei ergiebigen Regenfällen. Wie sich der Nebensitzer auf den Beifahrersitz schlängelt, entspricht fast schon der ersten Yoga-Übung auf dem Weg zur ayurvedischen Wellness in Bad Schandau.

Schon während der ersten Eingewöhnungszeit mit dem sächsischen Idiom, erkennen wir, dass „Nu“ so ziemlich jede mögliche Äusserung abdeckt. Oder, wie es in einem Geo-Artikel zu lesen war: „Die Eskimos haben mehrere Dutzend Worte alleine für Schnee. Die Nunu-Länder haben ein Wort für alles: Nu. Es kann Zitroneneis bedeuten oder mir egal oder Feuerwehrleiter. Wichtig sind Betonung und Aussprache. So ein Nu lässt sich näseln, gurgeln, brummen, durch die Backe blasen, nuscheln… “

Mit diesem Ansatz meistern wir beispielhaft das erste Frühstück in Pirna. Später am Tag auch das Abendessen in Schmilka. Endlich wird nachgeholt, was im vergangenen Jahr buchstäblich ins Wasser gefallen ist:
ein kulinarisches Intermezzo im Biohotel Helvetia. Hochwertige Küche, engagierter Service und einzigartiges Ambiente. Wir sind mehr als begeistert. Schweizerischer ist Sachsen nirgends!!

Zum Abschluss noch einen Abstecher ins tschechische Hinterland gleich hinter Schmilka. Unter dräuenden Gewitterwolken wirkt das nebelverhangene Seitental wie ein düsteres Szenario irgendwo zwischen Gebrüder Grimm und Edgar Allen Poe. Mit freudigem Schaudern kehren wir zurück nach Bad Schandau und verfallen in seligen, alptraumlosen Schlummer. Morgen werden wir das Wandern angehen. Nu, klar!

Reisefieber

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Geschafft: Koffer gepackt, Web Check-in gemeistert, Autogrammkarten neu gemischt, Kontaktpersonen informiert, Karten studiert, Haare frisiert.

In Gedanken beame ich mich schon über 400 Kilometer weiter. Einstimmung gefällig?
Bereits 2009 war unsere Wandergruppe mächtig begeistert von der Sächsischen Schweiz.