Lothar, der Pfad

Es soll ja Menschen geben, die für eine Menge Geld ferne Galaxien oder garstige Wirbelstürme nach sich bennennen lassen. Lothar (mein Mann) hatte das alles umsonst. Gab`s quasi gratis kurz vorm Millenniumswechsel.

Während der eine im Schwarzwald binnen zwei Stunden 30 Millionen Kubikmeter Holz  zu Boden fegte, fegt der andere in der Herrenalber Strasse schon mal zwei Stunden Brösel vom Boden.

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Einen Lotharpfad gibt`s auch, eingerichtet vom Team des Naturschutzzentrums Ruhestein.  Überflüssig, zu erwähnen, dass ich dem Besuch dieses Programmpunktes besonders ungeduldig entgegenfiebere. Nach dem gemeinschaftlichen Warm up durch den Bannwald (jede Menge Farn, Walderdbeeren, morsches Holz und malerisches Moos), führt uns Herr Kafka vom Naturschutzzentrum durch die Highlights des Lotharpfades  und (aufgepasst:) das Liebesleben des Borkenkäfers.

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Der Weg selbst wirkt wie ein spannender Trimm-Dich-Pfad für Touristen, mit zahlreichen umgestürzten Bäumen, bizarr gestaltetem Wurzelwerk und einem geschickt angelegten Parcours von Treppchen, Balken und Aussichtsplattformen. Da kann man schon mal leicht die Bodenhaftung verlieren. Wen wundert`s da, dass manche unsere Mitwanderer beim Hinauslehnen über eine Holzbrüstung die Begrüssungsnachricht „Willkommen in der EU“ von ihren Netzbetreibern aufs Handy gefunkt bekommen.

Hilfe: beim Versuch, in diesen Beitrag ein Video einzubauen, hab ich mir fast den ganzen Blog zerschossen. Ist ganz schön anstrengend, einen auf multimedial zu machen.

Im Badezuber mit dem Tourismusdirektor

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Für alle, die es nun genau wissen wollen: Nur mit einem Bademäntelchen bekleidet, laufe ich einmal mutig quer durch das labyrinthartige Lamm`sche Landhaus- Ambiete, um mir dann im Badehaus einen mittelalterlich anmutenden Leinenbikini umzuwursteln. Zierliche XS-Figuren müssen das ausladende Arrangement sicherheitshalber mit einem Wäscheklämmerle sichern.

 Einmal gemeinsames Aufweichen in der Sauna und dann ab in die Zweier-Zuber. Als Strebernatur steige ich gleich zum smarten Tourismusdirektor Patrick Schreib in die Wanne, wo wir  – begleitet von zwei  Pullen Schampus, einem lukullischen Viergängemenü, zwei Peelingrunden und einer Rückenmassage – einen Abend lang gepflegt über Land und Leute philosophieren.

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Schöpfer, Leiter und Zeremonienmeister dieser einzigartigen Wellnesswunderwelt ist übrigens der umtriebige Reinhard Bosch, der, wenns der Sache zuträglich ist, schon mal den Badezuber aufs Moped schnallt.

Welcome to Murgeltown

Nur ein paar Stunden später -und schon fühle ich mich wie nach einer Atlantiküberquerung. In Baiersbronn ist grosses Meet & Greet aller Wanderrallyisten. Schneller Abgleich der Bewerbungsfotos mit den Teilnehmern in natura, kurzes Ranking der Rollkoffer (meiner ist länger), der Digitalkameras (muss ausnahmsweise passen) und der Wanderkluften.  Wer noch Nachholbedarf verspürt, kann sich im Testcenter eine stylishe Wanderjacke oder einen garantiert orkanabweisenden Trekkingschirm ausleihen (nehme natürlich beides wahr).

MurgelWährend die bedauernswerten Südroutler gleich nach Sekt &  Snack gen Schweiz verfrachtet werden, schiesst sich die Nordroute gemächlich auf Kulinarik ein. Der örtliche Schokoladenmanufakteur Holz gibt willig Einblick in sein Versuchslabor. Jeglicher modischen Attitüde trotzend, zieht er Vollmilchschokolade immer noch dem modernen dunklen Schnickschnack vor – und daraus zaubert er wunderbare Kreaturen wie Willi, den Weihnachtsmann oder Karle, den Osterhasen oder Murgel, das örtliche Maskottchen. Zum Abschied wird jeder Teilnehmer mit einem schokoladigen Wanderstiefelarrangement beglückt (O-Ton Holz: Gell, do gucket Se, wo mer doch emmer sagt, der Schwob sei geizig)

Schliesslic Check-in im Hotel Lamm. Perfekter könnte sich ein Tourist den Schwarzwald nicht ausmalen: üppiger Balkonschmuck, floraler Landhausstil und ganz viel rustikal gebeiztes Holz. „Verrry typical“, würden unsere spanischen Freunde anerkennend konstatieren.

f94d6f8ccba6babff10a7b5173c1ad0f575dLeider muss der abendliche Programmpunkt „Essen im Zuberbad unterm Sternenhimmel“ mangels letzterem in das Badehaus verlegt werden. Und das sieht so aus:Mehr dazu morgen. Muss mich jetzt nämlich zuberbadgerecht umkleiden.

Morgen mehr! Wer neugierig ist, kann jetzt schon im Programm_Baiersbronn nachlesen, was uns die kommenden Tage erwartet.

PS

Lob ans Lamm. WLan-Zugang im Kaminzimmer hat auch nicht jeder. Sehr inspirierend.

Startschuss

Die letzten Sekunden vor dem Startschuss! Und das just am spektakulären 25. Geburtstag der Lomo LCA (Glückwünsche nach Sankt Petersburg)

Etwas hilflos stehe ich vor meinem üppig gepackten Rucksack und einem Koffer auf Rädern (mit dem ganzen restlichen Kladderadatsch für 16 wechselvolle Tage). Während in der Schwüle der vergangenen Nacht kaum an Schlaf zu denken war (oder lag’s nur an der Aufregung?), grollte der Himmel kurz am Morgen und produziert nun einen gediegenen Bindfadenregen. Na prima!

Der wird vermutlich die kommenden zwei Wochen andauern. Alles ein Trick der Organisation, damit wir im Baiersbronner Testcenter freudig zu den Trekkingregenschirmen greifen werden.

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Laufen, schreiben, knipsen

wanderrallye_szbz.jpgNoch bevor ich den ersten Schritt gegangen bin, ist schon der erste zweite Presseartikel in Druck:

Dank an den fein recherchierenden und schnell kommunizierenden Redakteur Tim Schweiker von der Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung, der auch selbst gleich gebloggt hat.

wanderrallye_kreiszeitung.jpgEdmund Langer von der Kreiszeitung Böblinger Bote telefonierte ratzfatz hin und her, war kurz erschlagen, erholte sich jedoch schnell – so dass er seinen Artikel gleich schon heute lancierte.

Erster! Merci beaucoup!

Servus, Steffie!

73aab53595abf59b7ab60a6e45d5abff1760Völlig überraschend meldet sich eine ebenfalls dem Bloggen verfallene Mitwanderin per Mail: Stefanie Praxmarer aus Innsbruck.

Wenn das mal kein glücklicher Zufall ist! Schliesslich liegen die Wurzeln der lomographischen Bewegung tief in Tirol – und mein kleines Herz schlägt heftig austrophil.

Jetzt kann nichts mehr schief gehen!

Hektisch am Ecktisch

Logistisch gesehen fühle ich mich wie Hannibal vor der Alpenüberquerung. Der hatte immerhin 60.000 Mann und 37 Elefanten an der Backe, aber noch nicht den Ballast eines modern vernetzten Menschen. Wenn Unterwegs-Sein nicht mein Lieblingshobby wäre, würde ich es vielleicht ganz unterlassen.

Was will in diesen letzten Stunden vor dem Countdown nicht noch alles geregelt werden:

  • Interviews geben
  • Journalisten beschwatzen
  • Autogrammkarten bereit legen
  • Abwesenheitsnachrichten in Mail-Accounts stellen
  • Homepages updaten
  • Passwörter auswendig lernen
  • Lomo-Linsen wienern
  • ein halbes Dutzend verknoteter Ladekabel zu nicht mehr identifizierbaren elektronischen Geräten einpacken
  • Notfallapotheke schnüren (Blasenpflaster, Klosterfrau Melissengeist, Schraubenzieher zur Reparatur von Brillenbügeln und Kamerashuttern)
  • Klamotten für alle Eventualitäten einpacken (Wind und Wetter, Nacht und Nebel, Sturm und Drang)

Natürlich werde ich existenziell wichtige Dinge vergessen, die später unter grossen Mühen wiederbeschafft werden müssen: in überteuerten Tante-Emma-Läden, Baumärkten, Autobahnraststätten und Gipfelstationen. Kennen wir alles schon!

Trainingslager

 

Beliebte Frage meiner Mitmenschen in diesen Tagen:
„Ja, bist Du denn fit genug?“

(gefolgt von heimlich taxierenden Blicken wahlweise in Richtung meiner Waden oder meiner Senkspreizplattfüsse)

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Um den Schein zu wahren, wandere ich tatsächlich sonntags früh in den Nachbarort. Im Gefolge von Lothar (meinem Mann, nicht dem Orkan). Zum Brunchen. Schliesslich steht Kulinarik sicherheitshalber auf meiner Interessenliste (hoffentlich liest das auch die Best-of-Wandern-Organisation!).

Intro oder: wie alles begann

An einem ungemütlich graupeligem Winterabend im Februar 2009 erblicke ich die Ausschreibung zum Wanderrallye-Reporter.Von plötzlicher Chuzpe erfüllt, verspüre ich ein nervöses Kribbeln. Wieso auch ein mögliches Journalistentalent auf das nächste Leben verschieben?

Wandern?
Kann doch jeder, dem der Herrgott zwei gesunde Beine geschenkt hat.

Bauch_Beine_Po

Texte?
Die Festplatte ist voll davon.

Bilder?
Das Lomographische Weltarchiv lässt grüssen.

Also: schnell eine kleine Wanderreportage getippt, mit ein paar Lomographien aufgemotzt, ein hübsches PDF draus gezimmert und ab damit.

Monatelang passiert nichts. Ende Mai – als ich gerade mit einer Gastritis darnieder liege und nichts abwegiger finde, als meine lahmen Beine aus dem Bett zu schwingen – trifft die Zusage ein.

Oh Schreck, lass nach.

Mein Bewerbungsfoto