Welcome to Murgeltown

Nur ein paar Stunden später -und schon fühle ich mich wie nach einer Atlantiküberquerung. In Baiersbronn ist grosses Meet & Greet aller Wanderrallyisten. Schneller Abgleich der Bewerbungsfotos mit den Teilnehmern in natura, kurzes Ranking der Rollkoffer (meiner ist länger), der Digitalkameras (muss ausnahmsweise passen) und der Wanderkluften.  Wer noch Nachholbedarf verspürt, kann sich im Testcenter eine stylishe Wanderjacke oder einen garantiert orkanabweisenden Trekkingschirm ausleihen (nehme natürlich beides wahr).

MurgelWährend die bedauernswerten Südroutler gleich nach Sekt &  Snack gen Schweiz verfrachtet werden, schiesst sich die Nordroute gemächlich auf Kulinarik ein. Der örtliche Schokoladenmanufakteur Holz gibt willig Einblick in sein Versuchslabor. Jeglicher modischen Attitüde trotzend, zieht er Vollmilchschokolade immer noch dem modernen dunklen Schnickschnack vor – und daraus zaubert er wunderbare Kreaturen wie Willi, den Weihnachtsmann oder Karle, den Osterhasen oder Murgel, das örtliche Maskottchen. Zum Abschied wird jeder Teilnehmer mit einem schokoladigen Wanderstiefelarrangement beglückt (O-Ton Holz: Gell, do gucket Se, wo mer doch emmer sagt, der Schwob sei geizig)

Schliesslic Check-in im Hotel Lamm. Perfekter könnte sich ein Tourist den Schwarzwald nicht ausmalen: üppiger Balkonschmuck, floraler Landhausstil und ganz viel rustikal gebeiztes Holz. „Verrry typical“, würden unsere spanischen Freunde anerkennend konstatieren.

f94d6f8ccba6babff10a7b5173c1ad0f575dLeider muss der abendliche Programmpunkt „Essen im Zuberbad unterm Sternenhimmel“ mangels letzterem in das Badehaus verlegt werden. Und das sieht so aus:Mehr dazu morgen. Muss mich jetzt nämlich zuberbadgerecht umkleiden.

Morgen mehr! Wer neugierig ist, kann jetzt schon im Programm_Baiersbronn nachlesen, was uns die kommenden Tage erwartet.

PS

Lob ans Lamm. WLan-Zugang im Kaminzimmer hat auch nicht jeder. Sehr inspirierend.

Startschuss

Die letzten Sekunden vor dem Startschuss! Und das just am spektakulären 25. Geburtstag der Lomo LCA (Glückwünsche nach Sankt Petersburg)

Etwas hilflos stehe ich vor meinem üppig gepackten Rucksack und einem Koffer auf Rädern (mit dem ganzen restlichen Kladderadatsch für 16 wechselvolle Tage). Während in der Schwüle der vergangenen Nacht kaum an Schlaf zu denken war (oder lag’s nur an der Aufregung?), grollte der Himmel kurz am Morgen und produziert nun einen gediegenen Bindfadenregen. Na prima!

Der wird vermutlich die kommenden zwei Wochen andauern. Alles ein Trick der Organisation, damit wir im Baiersbronner Testcenter freudig zu den Trekkingregenschirmen greifen werden.

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Laufen, schreiben, knipsen

wanderrallye_szbz.jpgNoch bevor ich den ersten Schritt gegangen bin, ist schon der erste zweite Presseartikel in Druck:

Dank an den fein recherchierenden und schnell kommunizierenden Redakteur Tim Schweiker von der Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung, der auch selbst gleich gebloggt hat.

wanderrallye_kreiszeitung.jpgEdmund Langer von der Kreiszeitung Böblinger Bote telefonierte ratzfatz hin und her, war kurz erschlagen, erholte sich jedoch schnell – so dass er seinen Artikel gleich schon heute lancierte.

Erster! Merci beaucoup!

Servus, Steffie!

73aab53595abf59b7ab60a6e45d5abff1760Völlig überraschend meldet sich eine ebenfalls dem Bloggen verfallene Mitwanderin per Mail: Stefanie Praxmarer aus Innsbruck.

Wenn das mal kein glücklicher Zufall ist! Schliesslich liegen die Wurzeln der lomographischen Bewegung tief in Tirol – und mein kleines Herz schlägt heftig austrophil.

Jetzt kann nichts mehr schief gehen!

Hektisch am Ecktisch

Logistisch gesehen fühle ich mich wie Hannibal vor der Alpenüberquerung. Der hatte immerhin 60.000 Mann und 37 Elefanten an der Backe, aber noch nicht den Ballast eines modern vernetzten Menschen. Wenn Unterwegs-Sein nicht mein Lieblingshobby wäre, würde ich es vielleicht ganz unterlassen.

Was will in diesen letzten Stunden vor dem Countdown nicht noch alles geregelt werden:

  • Interviews geben
  • Journalisten beschwatzen
  • Autogrammkarten bereit legen
  • Abwesenheitsnachrichten in Mail-Accounts stellen
  • Homepages updaten
  • Passwörter auswendig lernen
  • Lomo-Linsen wienern
  • ein halbes Dutzend verknoteter Ladekabel zu nicht mehr identifizierbaren elektronischen Geräten einpacken
  • Notfallapotheke schnüren (Blasenpflaster, Klosterfrau Melissengeist, Schraubenzieher zur Reparatur von Brillenbügeln und Kamerashuttern)
  • Klamotten für alle Eventualitäten einpacken (Wind und Wetter, Nacht und Nebel, Sturm und Drang)

Natürlich werde ich existenziell wichtige Dinge vergessen, die später unter grossen Mühen wiederbeschafft werden müssen: in überteuerten Tante-Emma-Läden, Baumärkten, Autobahnraststätten und Gipfelstationen. Kennen wir alles schon!

Trainingslager

 

Beliebte Frage meiner Mitmenschen in diesen Tagen:
„Ja, bist Du denn fit genug?“

(gefolgt von heimlich taxierenden Blicken wahlweise in Richtung meiner Waden oder meiner Senkspreizplattfüsse)

Zehen_in_Fisheyemanier

Um den Schein zu wahren, wandere ich tatsächlich sonntags früh in den Nachbarort. Im Gefolge von Lothar (meinem Mann, nicht dem Orkan). Zum Brunchen. Schliesslich steht Kulinarik sicherheitshalber auf meiner Interessenliste (hoffentlich liest das auch die Best-of-Wandern-Organisation!).

Erlesen wandern I

Während sich meine Mitstreiter sicherlich schon ins tägliche Trainingslager begeben, muss ich zur Vorbereitung unweigerlich lesen. Schliesslich ist die Weltliteratur durchsetzt von Wanderern und Pilgern, Spaziergängern und Flaneuren.

Old Seume

Johann Gottfried Seume war so einer. Nach einem wechselvollen Vorleben machte er sich vor 208 Jahren auf den Weg von Grimma (Sachsen) nach Syrakus (Sizilien). Was Old Goethe zuvor per Kutsche herunterratterte und heutzutage via Germanwings ein Leichtes ist, absolvierte Seume zu Fuss. Diesen Marathon lässig einen Spaziergang zu nennen, zeugt von gediegenem Understatement.

In achteinhalb Monaten legte Seume so ca. 6000 km zurück. Ohne Trekkingschuhe, Nordic-Walking-Stöcke oder funktionelle Wanderklamotten. Hut ab!

Zum Nachlesen:
http://gaebler.info/ahnen/paul/johannes-seume.htm#Syrakus

Intro oder: wie alles begann

An einem ungemütlich graupeligem Winterabend im Februar 2009 erblicke ich die Ausschreibung zum Wanderrallye-Reporter.Von plötzlicher Chuzpe erfüllt, verspüre ich ein nervöses Kribbeln. Wieso auch ein mögliches Journalistentalent auf das nächste Leben verschieben?

Wandern?
Kann doch jeder, dem der Herrgott zwei gesunde Beine geschenkt hat.

Bauch_Beine_Po

Texte?
Die Festplatte ist voll davon.

Bilder?
Das Lomographische Weltarchiv lässt grüssen.

Also: schnell eine kleine Wanderreportage getippt, mit ein paar Lomographien aufgemotzt, ein hübsches PDF draus gezimmert und ab damit.

Monatelang passiert nichts. Ende Mai – als ich gerade mit einer Gastritis darnieder liege und nichts abwegiger finde, als meine lahmen Beine aus dem Bett zu schwingen – trifft die Zusage ein.

Oh Schreck, lass nach.

Mein Bewerbungsfoto

Wanderurlaub ohne Zwitscherzwang

Dabei schrieb die nette Dame von der Best-of-Wandern-Organisation aufmunternd: „Berichten Sie während der Wanderrallye von der Wanderrallye: Für Ihre Medienpartner, in Ihren Netzwerken wie Facebook etc. oder via Twitter. Bringen Sie Ihre Erlebnisse aus den Regionen unters Volk.“

Netzwerke? Aber hallo, genug davon im real life: die staunende Freundinnenriege, die daumendrückenden Kollegen, die neugierigen Nachbarn, die stolze Verwandtschaft, die bildhungrigen Lomographen.

Das kürzliche Ansinnen eines literarischen Online-Magazins, mich für’s Twittern zu gewinnen, konnte mit Hinweis auf die beschränkten Features meines Senioren-Handys grade noch mal abgebogen werden.

Neun Tasten und ein kleines DisplayNeun Tasten und ein kleines Display

Und die späte Registrierung bei StudiVZ am 30. Jahrestag meines ersten Semesters mochte nur mit Unterstützung einer aktuellen Praktikantin gelingen. Passiert ist dann aber weiter nichts.

Muss ja auch nicht.